„Feindliches Grün” mit System

„Als feindliches Grün wird der Defekt einer Lichtzeichenanlage bezeichnet, bei dem für mehrere miteinander in Konflikt stehende Fahrbeziehungen die Farbe Grün (oder auch Gelb) aufleuchtet. (...) Im Falle eines Unfalls bei ‚feindlichem Grün‘ haftet der (staatliche) Betreiber der Ampelanlage (...)” (Wikipedia)

Eines schönen Sommertages fuhr ich mit meinem Fahrrad durch die (weniger schöne) Schanzenstraße (im Folgenden mit C gekennzeichnet) im rechtsrheinischen Kölner Stadtteil Mülheim. Diese Straße mündet in die Keupstraße (A-B); die Einmündung sieht so aus (wobei Norden rechts unten liegt):

Blick von oben

(Luftbild bei Google Maps)

Ich kam von der Schanzenstraße (C), von der aus man diesen Blick auf die Kreuzung hat:

Blick aus der Schanzenstraße auf die Einmündung in die Keupstraße

Wie der Fahrer des abgebildeten Polizeiautos, so wollte auch ich nach links in den Teil der Keupstraße einbiegen, der eine Einbahnstraße ist (A). Es war gerade grün, ich dachte „Glück gehabt” und wollte zügig abbiegen. Erst ziemlich spät merkte ich, dass der Fahrer eines von rechts (B) kommenden Wagens nicht daran dachte zu halten, sondern direkt in die Einbahnstraße (A) fuhr. „Nanu, ist der über Rot gefahren?” dachte ich, nachdem ich gerade noch bremsen konnte. Später ging ich der Sache nach und fand heraus, dass man an dieser Kreuzung generell damit rechnen muss, dass trotz grüner Ampel jemand von rechts kommt:

Trotz grüner Ampel kommt ein Auto von rechts

Ob das etwas mit der abknickenden Vorfahrt (siehe Schild am Ampelmast) zu tun hat? Diesen Gedanken musste ich jedoch verwerfen, denn „Lichtzeichen gehen Vorrangregeln und Vorrang regelnden Verkehrsschildern vor” (§ 37 Abs. 1 StVO). Wobei in diesem Fall auch noch seltsam ist, dass an keiner anderen Seite dieser Kreuzung ein vorrangregelndes Verkehrsschild angebracht ist.

Ich habe natürlich nachgeprüft - und festgestellt, dass die beiden Ampeln tatsächlich gleichzeitig Grün zeigen. Dementsprechendes kann man auch auf den folgenden Bildern sehen, die aus der Perspektive meines Beinah-Unfallgegners (also auf der Keupstraße, vom Clevischen Ring her kommend) gemacht sind:

Blick aus Richtung B (vom Clevischen Ring her) auf die Kreuzung

Man sieht, dass der entgegenkommende Wagen noch blinkt, weil er gerade aus der Schanzenstraße (C) kam, während der grüne, in Blickrichtung fahrende Wagen ebenfalls Grün hat.

Als ich das Problem telefonisch der hiesigen Polizei meldete (da dachte ich noch, dass dies eine akute Störung sei), meinte der Beamte (in einem späteren Rückruf, den leider nicht ich entgegennahm), es handele sich doch nur um eine Fußgängerampel. Hierzu ist zu erwähnen, dass sowohl die Schanzenstraße (C) als auch die Keupstraße (dort, wo sie Einbahnstraße ist, also A) jeweils eine Fußgängerampel direkt an der Kreuzung haben. Die zugehörigen Lichtzeichen für die Autos, die aus Richtung B (Keupstraße) kommen, sind jedoch vor der Kreuzung angebracht (es sind übrigens drei Ampeln: eine links, eine über der Straße und eine dritte rechts, die hier jedoch durch den weißen Transporter verdeckt ist). Damit ist klar, dass die Lichtzeichen nicht nur den Fußgängerübergang regeln, sondern den gesamten Kreuzungsverkehr (vgl. dazu auch VwV zur StVO zu Zeichen 306 und 307, Nr. II, 4 c).

Hier noch zwei Bilder, die deutlich machen, dass tatsächlich beide Richtungen (B und C) gleichzeitig Grün haben:

Abbiegende Autos

 

Abbiegende Autos

Man kann sich vorstellen, dass ein Auto- (oder Rad-)fahrer, der wie ich aus der Schanzenstraße (C) kommend nicht rechts, sondern links in die Einbahnstraße (A) einbiegen will, schon einmal in eine brenzlige Lage kommen kann. Und tatsächlich hat mir ein Anwohner berichtet, dass es mehrmals zu Unfällen in genau dieser Situation gekommen sei.

Da bleibt nun noch die Frage, warum mir gegenüber ein Polizist die unhaltbare Position vertritt, mit dieser Lichtzeichenanlage sei alles in bester Ordnung...

Es wäre natürlich unredlich, wenn jemand nun auf dieser Grundlage einen Unfall durch feindliches Grün provozieren und sich den Schaden von der Stadt Köln ersetzen lassen würde ...

Nachtrag: Mein obiges Erlebnis mit dem Fahrrad hatte ich im Jahr 2002. Bis jetzt (2011) hat sich an der Ampelschaltung nichts geändert.

Zweiter Nachtrag: Die Situation ist 2018 immer noch dieselbe.

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